„Flieg, Gedanke“, so der neue Programmtitel, mit dem wir im Speller Wöhlehof am 9. März unsere Konzertreihe starten wollen. Dieses Lied singt der Gefangenenchor in Verdis Oper „Nabucco“, die im Jahre 578 v. Chr. in Jerusalem und Babylon zur Regierungszeit des Nebukadnezar (Nabucco) spielt und 1842 in Mailand uraufgeführt wurde. Im 3. Akt („Die Prophezeiung“) flehen die Hebräer am Ufer des Euphrat zu Gott, dass der Stern Davids sie wieder in die Heimat führen möge („Flieg, Gedanke, getragen von Sehnsucht“). Am Ende schenkt Nabucco den Hebräern die Freiheit.

Es ist ein sehr bekanntes und auch eindringliches Stück im Dreivierteltakt, das wir natürlich nur in abgespeckter Form darbieten können. Aber vielleicht unterstützen Sie uns und singen mit!

Das Lied avancierte sehr bald zur heimlichen Nationalhymne der italienischen Patrioten gegen die österreichische und französische Fremdherrschaft und wurde zum Begräbnis des Komponisten 1901 von einer vieltausendköpfigen Menge unter der Leitung von Arturo Toscanini intoniert. Das muss man sich erst einmal vorstellen!

Um eine ganz andere Freiheit und Sehnsucht geht es in Reinhard Meys „Über den Wolken“ aus dem Jahr 1974. Mey hat den Ablauf unseres alltäglichen Lebens in beruhigend langmütigen und tröstenden Balladen besungen, konnte aber auch  gesellschaftliche Missstände, Widrigkeiten des Alltags und menschliche Blasiertheit geißeln und darüber seinen beißenden Spott ausgießen. Wir schätzen diesen Musiker ungemein, Lieder wie „Mann aus Alemannia“, „Diplomatenjagd“, „Der Mörder ist immer der Gärtner“ gehören zu unserem Repertoire. In „Über den Wolken“ verbindet sich das Große mit dem Kleinen (grenzenlose Freiheit, der Sonne entgegenschweben mit Asphalt, Kaffee, „Luftaufsichtsbaracke“, die sich so schön auf „Jacke“ reimt, Benzinpfützen, in denen sich Wolken spiegeln, Ängsten, Sorgen).

Unser Programm greift aber auch auf Bewährtes zurück. Von Freiheit, Seligkeit und einem kleinen bisschen Glück sangen zum Beispiel die Comedian Harmonists 1932, offensichtlich in der Vorahnung, dass diese Freiheit nicht mehr lange währen sollte.

Freiheit, nicht irgendwo, irgendwie, irgendwann, sondern im Hier und Jetzt sollte Anliegen und Auftrag sein. In unserem neuen Programm wird es ums Fliegen, um Flucht und Freiheit in enger und weiter gefasster Bedeutung gehen, ums Träumen und Sich-Sehnen und vieles mehr.

Johannes Leifeld