Bewegt sich dort etwas am Waldesrand

Mit dieser Titelfrage aus der „Diplomatenjagd“ von Reinhard Mey startete die Gruppe AufTakt im November 2012 ihre zweite Konzertreihe. Fündig geworden war sie dabei in der Epoche der Romantik mit ihrer Sehnsucht und Schwärmerei, mit Mondnacht und Blütenschimmer, mit Waldeslust und Waldeinsamkeit, mit rauschenden Eichenhainen und romantischem Eichendorff.
Dominierten im ersten Teil Lieder aus der Feder Friedrich Silchers („In einem kühlen Grunde“, „Morgen muss ich fort von hier“), angereichert mit stimmungsvoll – melancholisch angehauchten Arrangements der Comedian Harmonists („Irgendwo auf der Welt“ und „Auf Wiederseh’n“), so setzten Antonius und Olav Hamelijnck als Jagdhornbläser nach der Pause ein imposantes Signal zu neuem Aufbruch in jagdliche Gefilde.
Dieter Vinke – als Waidmann und Waldschrat zugleich sehr köstlich kostümiert – rezitierte das Teckelgedicht, das Franz-Josef Hanneken auf den vierbeinigen Freund aller Jäger verfasst hat. Heinz Erhardts „Gewitter“, vorgetragen von Olav Hamelijnck, fand im Publikum gewaltigen Anklang.
Die Jagd blieb, wie gesagt, ein zentrales Thema, wobei der ironische Unterton niemals auf der Strecke blieb bis hin zur Pervertierung vertrauter Verhältnisse: Ein laufender Jäger, der sich lieber aus Angst vor dem Hasen im Jägerhaus verkriecht; das herrliche Jagd – Quodlibet, ein Stimmungskonglomerat, oder soll man sagen: ein scheinbar ungeordnetes, miteinander konkurrieredes Stimmengewirr aus drei unterschiedlich zusammengesetzten, aber gleichzeitig gesungenen Jagdliedern, die sich am Ende in harmonischem Wohlklang zusammenfinden. Schließlich die nahezu sarkastisch erzählte „Diplomatenjagd“ von Reinhard Mey, in der schließlich – nach dem tragischen Tod des Außenministers – das „leblose, greise Wild dem nächsten Armenhaus“ bereitwillig gespendet wird…
Benno Hüer am Klavier leitete anschließend mit feinen Akkorden aus dem „Largo“ Dvoraks („Aus der Neuen Welt“) über zum romantischen „Wilden Westen“, zum Swanee – River und zu Stan und Olli. Es gibt Dinge, die manchmal kaum zu glauben sind, wie zum Beispiel, dass das Komiker–Duo aus Amerika noch 1975 mit dem Song „Trail of the lonesame pine“ posthum einen Hit in den britischen „Top Twenty“ landete. Er stammt aus der Western – Komödie „Way out West“ (1937), einem der gelungensten Filme von Stan und Oli; und die beiden sangen nicht einmal selbst! Das tat natürlich AufTakt mit diesem anrührenden Lied von den „Blue ridge mountains of Virginia“.
Fast am Ende des Konzerts der Bezug zum Anfang mit dem „Abschied vom Walde“ in der Textfassung von Joseph von Eichendorff. Der Kreis konnte sich schließen.
Schauspielerischer Glanzpunkt des Abends ganz ohne Zweifel der dem schottischen Komiker Denny Willis und seinem Hunting Quartet nachempfundene Sketch „The fox has left his lair“ mit Franz-Josef Hanneken in der Paraderolle, der – bestraft, bedeckt mit etlichen „Blessuren“, fast an den physischen Rand seiner Kräfte ge– und verdrängt –, mit außerordentlichem Applaus honoriert wurde: with a yoicks tailly – ho, tailly – ho!

Johannes Leifeld

Franz-Josef Hanneken
Teckel-Gedicht

Jedem Jäger eine Freude,
Jedem Jagen eine Zier,
Jägerstolz und Augenweide
Ist ein ganz besonderes Tier:

Nicht geeignet als Trophäe
Hängt es selten an der Wand,
Ausgestopft von Ohr bis Zehe,
Voll mit Sägemehl und Sand.

Nein, es dienet nicht zur Beute
Als Geweih, gehörnter Kopf
Und man findet es auch heute
Seltenst nur im Bratentopf.

Jeder Topf hat seinen Deckel
(dieses hier nur für’s Gedicht),
Jeder Jäger seinen Teckel,
Ohne solchen geht er nicht

Ins Revier, wo Fuchs und Hase,
furchtsam kauern im Geröhr.
Doch die gute Teckelnase
Stöpert sie auch tort hervör.

Lang die Ohren, kurz die Beine,
Spürt und bringt er kurzerhand,
Lässt man ihn von langer Leine,
Was er im Gelände fand.

Auch den Dachs, den raffinierten,
Sucht und findet er im Bau,
Doch in manchem komplizierten
Falle kommt es wohl zu einem Stau,

Wenn er nämlich tief in Erden
Hasen in die Ecke drängt,
Und muss ausgegraben werden,
Wenn er zu sehr eingezwängt.

Dies jedoch verdrießt den Jäger
Keineswegs, will‘s doch der Brauch,
Dass des grünen Rockes Träger
Träge nicht bleibt im Gebrauch

Seines meist klappbaren Spatens,
Den er noch für andres hält,
Als des festtäglichen Bratens
Weg zu graben an die Welt.

Doch vom Spatengang zu schweigen,
Ziemet sich von früh bis spat –
Später dann auf grünen Zweigen
Man das Wild gebettet hat.

Und der Teckel, treu ergeben,
Schauet traurig ins Revier.
Jene, welche dies erleben,
Haben Freude an dem Tier.

Allen nun, ob tot, ob lebend,
Gilt der letzte Hörnerton,
Die Gemüter sehr erhebend –
Nur der Teckel schläft wohl schon.