Es geht um eine Wette. „Sehen Sie diese Kreatur mit ihrem Rinnstein-Jargon, der sie bis an ihr Lebensende an die Gosse fesseln wird?“, fragt Professor Higgins in dem Musical „My fair Lady“ seinen Freund Oberst Pickering. Mit der „Kreatur“ ist Eliza Doolittle gemeint, ein Blumenmädchen, das einen besonderen Slang spricht. „Sechs Monate Unterricht – und ich könnte sie ausgeben als Herzogin für einen Diplomatenball,“ behauptet der Professor. Am nächsten Morgen erscheint Eliza bei Hyggins. Sie hat seine beiläufige Bemerkung, er könne sie innerhalb von sechs Monaten zu einer Dame mit der Sprache und den Manieren einer Herzogin machen, ernst genommen und wünscht deshalb Unterricht. Auf der anderen Seite möchte der Professor am Beispiel von Eliza beweisen, dass nicht die soziale Umwelt, sondern allein Sprache und Umgangsformen den Menschen und seinen Standort in der Gesellschaft bestimmen. Die Wette gilt! Noch am Abend wird der „Unterricht in akzentfreiem Sprechen“ aufgenommen. Der strapaziöse Unterricht reizt die Gemüter. Als es Eliza nach einer langen und anstrengenden Nacht der Übung eines Tages schafft, „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“ fehlerfrei auszusprechen, sind alle trunken vor Euphorie. Es wird getanzt, gelacht, gefeiert. „Mein Gott, jetzt hat sie’s, mein Gott jetzt hat sie’s!“
„Es grünt so grün… Blätter, Blüten, Kraut und Rüben“ ist Titel unseres Programms, das berühmte Lied aus besagtem Musical steht im Mittelpunkt. Vielleicht erinnern Sie sich an das „Get me to the church on time“ aus unserem Konzert „As time goes by“ (2017), an das Lied von Elizas Vater Alfred P. Doolittle, einem reich gewordenen Müllkutscher, der dort mit Freuden die letzte Nacht vor seiner zweiten Hochzeit genoss. „My fair Lady“ (1956) ist eins der meistgespielten Musicals im deutschsprachigen Europa geworden, sein Erfolg so etwas wie der Durchbruch des Musicals an sich. Es hält traumhafte Melodien bereit.
„Darauf richtet sich mein ganzes Streben: Musik ohne Gefühl und Leidenschaft ist bedeutungslos.“ Vom Autor dieses Zitates gibt es einen berühmten Ohrwurm, das Menuett. Es ist ein wunderschönes Stück Musik, ein Salonschlager aus dem Rokoko, und übrigens auch ein Filmhit in der britischen Krimikomödie „Ladykillers“ aus dem Jahr 1955: In diesem Klassiker der „Schwarzen Komödie“ tarnen sich fünf Finsterlinge als Musiker und trachten ihrer ahnungslosen Zimmerwirtin nach dem Leben. Unsere Version des Menuetts folgt dem Text von Gert Wilden („Lieselotte, lass uns auf die Wiese geh’n“) und seinen Viel-Harmonikern. Während der Bass in gebrochenen Dreiklängen ruhig voranschreitet, die Mittelstimmen schon eine  anspruchsvollere Rhythmik zu bewältigen haben, bleiben dem Tenor die hohen Töne der Melodie. Blumen, hier Margeriten, vermögen ja vielleicht wirklich einen kleinen Einblick in die Zukunft frisch Verliebter zu geben im Sinne eines „Sie liebt mich, sie liebt mich nicht…“.
Ein richtiges Menuett-Fieber brach übrigens tatsächlich gegen Ende des 19. Jh. aus. Man spielte Boccherinis Meisterwerk in allen nur möglichen Arrangements auf jedem nur denkbaren Instrument. Der ursprüngliche Dreiertanz aus dem Streichquintett E-Dur hat den Komponisten unsterblich gemacht.
Wie schon in 2018 nehmen wir in unser neues Programm auch einige Lieder auf, die wir schon früher einmal gesungen haben. Thematisch passt zu dem „Es grünt so grün“ ganz wunderbar die Humoreske von Antonín Dvořák, der der Österreicher Hans Lengsfelder den lyrischen Text „Eine kleine Frühlingsweise nimmt mein Herz mit auf die Reise“ unterlegt hat. Viele von Ihnen werden dieses Lied in der ausdrucksstarken Interpretation der Comedian Harmonists von 1930 kennen. Der populäre Song durfte nach Auflösung der Comedian Harmonists 1935 durch die Nationalsozialisten von der „arischen“ Nachfolgegruppe, dem „Meistersextett“, nicht mehr aufgeführt werden, weil sowohl Texter (Hans Lengsfelder) als auch Arrangeur (Harry Frommermann) Juden waren. Zwar existiert eine weitere Tonaufnahme vom März 1939 und ein Vergleich beider Aufnahmen mit zum Teil unterschiedlichen Künstlern wäre sicherlich lohnend, die Aufnahme wurde damals aber nicht veröffentlicht.
Was gibt es noch? „Wochenend und Sonnenschein“, aber auch das melancholische „Mein Freund, der Baum“ der früh verstorbenen tiefstimmigen Alexandra und ein Stück über den Hüter einer Tiefseehöhle, „Octopus’s Garden“, aus der seltenen Feder Ringo Starrs, wohl ein Emanzipationsversuch des Schlagzeugers gegenüber den eigentlichen Stars und Lichtgestalten der „Beatles“, Paul McCartney und John Lennon.
Und vieles mehr. Freuen Sie sich drauf!

Johannes Leifeld