P-Sketch: „Privates persönliches Präsent, Patenpräsent, (stolz:) Prüfung pestanden, persische Perle… .“

„Komm ein bisschen mit – Musikalische Mitfahrgelegenheiten – so heißt unser Programm, und tatsächlich haben wir viele neue Lieder dabei, wenngleich wir mit dem „Kaktus“ traditionell unser Programm eröffnen. Unser stachliger Geselle ist ja immer dabei, und den Einwand „Bewahr‘n Sie Ihren Kaktus gefälligst anderwo“ können und wollen wir gar nicht ernst nehmen, kaktusgleiche stachelige Genügsamkeit lassen wir beiseite, wir nehmen unsere Gäste zunächst einmal mit nach Italien, gemäß dem berühmten Sehnsucht-Satz „Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien!“
Goethes Assoziationen vom „Land, wo die Zitronen blüh’n“ sind ja oft parodiert worden, vom schelmischen Heinz Erhardt sogar in doppelter Weise. Zum einen verwandelte er die südlichen Zitrusfrüchte in deutsche Kartoffeln, verbannte sie dann in muffig riechende Kellerräume, „wo sie edle Keime kriegen“; zum anderen konnte der Kabarettist überzeugend erklären, warum die Zitronen nun einmal gelb sind!
Im deutschen Schlager der späten 40er und frühen 50er wird deutlich, wie Italien immer näher rückte. Als wachsender Wohlstand und zunehmende Motorisierung so langsam wieder das Reisen ermöglichten, träumte man von Italien als dem Land der Schönheit, des Glücks und der Liebe. Den größten Erfolg hatte das Lied „Komm ein bisschen mit nach Italien“, welches 1956 offenbar als Aufforderung verstanden wurde („Schon nach dem ersten Alpenpass, da macht die Reise Spaß!“). Und nicht zufällig erhielt der Texter Kurt Feltz zwei Jahre später einen Orden für außergewöhnliche Verdienste um den Fremdenverkehr in Italien vom dortigen Staatsminister.
Wenn wir uns schon in Italien bewegen, dann wollen wir doch einmal wieder in das Füllhorn der großen italienischen Oper greifen, zum Beispiel mit „Rigoletto“ von Giuseppe Verdi. Und da gibt es eine Arie, die Beweglichkeit, Mobilität sogar im Titel hat, allerdings in ganz anderer Bedeutung: La donna e mobile. Wenn man das in den Übersetzer eingibt, kommt tatsächlich raus: Die Frau ist mobil. Gemeint ist aber so etwas wie wankelmütig oder launisch oder gar trügerisch. Also Vorsicht!
Der Song „La maladie d’amour war einer der größten Hits des Sängers Michael Sardou und überhaupt der 70er Jahre in Frankreich. Die Melodie nimmt Motive von Pachelbels Kanon auf, der Text ist eine poetische Darstellung der Liebe als eine universelle Emotion, die alle Altersgruppen und Menschen unabhängig von ihrer Lebensphase betrifft und von Freud und Schmerz der Liebe kündet.
Mit unserem nächsten Lied kam Ricky Nelson 1961 ganz groß raus. Da war er bereits ein paar Jahre im Geschäft – mit Liedern und auch Filmen, einer der ersten Teenagerstars der Vereinigten Staaten. Der Text handelt von einer unerfüllten Liebe: Sie schaut ihn mit großen braunen Augen an, er verliebt sich sofort in sie. Wir singen „Hello, Mary Lou“ a capella – und das Ganze ziemlich flott.
Und wieder zurück nach Italien. Die deutsche Textvariante, an die wir uns gehalten haben („Das kann der Anfang unsrer Liebe sein“), gibt zwar die wörtliche Übersetzung („Wenn du tief in mein Herz schaust“) nur unzureichend wieder, aber die Melodie wird schnell zum Ohrwurm, außerdem haben wir erstmalig versucht, eine neue Variante der Interpretation durch den Einsatz von Trompete (Antonius) und Trommel (Claudius) auszuprobieren. Dieser Popsong aus dem Jahr 1962 basiert auf einer Filmmusik für den italienischen Dokumentarfilm „Mondo Cane“, später unter dem Titel („More“) von Frank Sinatra aufgenommen.
Auch bei Schlagern gibt es, anders als der Name vielleicht vermuten lässt, die leisen Töne. Mit unserem nächsten Stück geben wir dafür ein Beispiel. Beim elften Grand Prix Eurovision de la Chanson am 5. März 1966 gelingt Udo Jürgens mit einem Song, der (wie es in einer Kritik heißt) im Stil französischer oder italienischer Schnulzen arrangiert ist, der Durchbruch. Was vielleicht unsere Version reizvoll macht, ist der Echoeffekt durch das immer wieder klagend wehmütig eingestreute „Mercie-cherie“ in den Bässen, teilweise verstärkend unterstützt durch den Tenor 2. Ob es dadurch etwas in Kitschverdacht gerät, hängt natürlich immer vom Ohr des Betrachters ab.
Manche Schlagertexte der 50er oder 60er sind heute gar nicht mehr singbar. Es kann aber helfen, sofern man die Melodie mag, sich der häufig englischen Originalversion zu bedienen. So machen wir es auch beim nächsten Lied, das wieder schwungvoll daherkommt. Es ist ein Popsong aus den Vereinigten Staaten der 50er Jahre, mit dem britischen Sänger Cliff Richard wurde 1963 ein Welthit daraus: „Lucky Lips“.
Mit dem Titel „Viva la vida“ begibt sich die englische Gruppe Coldplay tief in das Reich der Geschichte, unterstützt durch ein Cover, das ein berühmtes Gemälde der französischen Juli-Revolution zeigt, weiß übermalt mit dem Frida-Kahlo-Zitat „Viva la vida“. Im Text wird Aufstieg und Fall eines Königs besungen, der einst die Welt regierte, später aber Straßen kehrte, die ihm einmal gehört haben. Viele weitere Motive aus der Bibel klingen an, Jerusalems Glocken, das Haupt des Täufers Johannes auf dem Silbertablett, dazwischen römische Kavallerie, Burgen auf Salz und Sand wie einst in Sodom und Gomorrha.  Alles in Allem ziemlich überfrachtet, aber trotz des eher düsteren Themas der Vergänglichkeit von Macht und Reichtum hat der Song eine fröhliche und beschwingte Melodie, die schnell zum Ohrwurm wird.
Mit dem Chianti-Lied und dem dezenten Hinweis auf ein mögliches Pausengetränk beschließen wir den ersten Teil des Abends und sind im zweiten Teil wieder in Italien.
Wenn man ihn beschreiben wollte, den Adriano Celentano, dann fallen einem sein ausgeprägter Macho-Charme, sein markantes Gebiss, die strähnigen Haare und die knarzige Stimme als die Markenzeichen ein, die den einst berühmtesten Sänger Italiens auszeichnen. 1968 hat er „Azzurro“ aufgenommen und schwärmt nicht nur von Sonne, Meer und blauem Himmel, sondern auch von der unbeschwerten Lebenslust, die von diesem Land immer wieder ausgeht.
Der nun folgende Schlager stammt ursprünglich – natürlich – auch aus Italien und versetzt uns in die mondäne Atmosphäre der Cafès der 20er und 30er Jahre. Ein Riesenerfolg wurde er dann aber in der Interpretation des Hazy-Osterwald-Sextetts im Jahr 1959 und „geht – bis heute – nie vorbei“. Das Musikstück erzählt mit eindringlicher Tangomusik die Geschichte von „Jacky Brown und Baby Miller“, wobei Aufregendes geschieht. „Glühende Blicke“ heizen die Spannung, die besonders mit durchdringenden Triolen erzeugt wird, dramatisch an und dann fällt ein Schuss. „Der Herr mit Kneifer“ fällt zu Boden „und sagt nichts mehr“. Ist nun Jack der Täter? Die Kripo jedenfalls „kann nichts finden, was daran (Tangotanz) verdächtig wär.“ Auch die anderen Paare können „nicht wissen“, was in der nächtlichen Taverne schon geschah. Warum nicht? Sie waren doch dabei! Oder nicht? Jacky Brown der kaltblütige Täter? Oder am Ende Osterwald selber? Fragen über Fragen, die hier nicht geklärt werden können.

Die Entstehung des Liedes „Love me tender“ gehört in die Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs und ist vor allem durch die unvergleichliche Stimme Elvis Presleys zum Evergreen geworden.
Auch die beiden nächsten Lieder (Gabriellas Song, May it be) stammen aus dem Genre Filmmusik.
Ein Roadsong, einer der größten Country- und Westernhits der 70er Jahre, am Schluss, fast auf dem Weg nach Hause. „Country Roads“ ist eine einzige Liebeserklärung an die Heimat im Allgemeinen und an West Virginia im Besonderen, mit seinem Shenandoah River und den Blue Ridge-Mountains, einem Land, das dem Himmel gleichen könnte. Als Hilary Clinton in diesem Bundesstaat bei den demokratischen Vorwahlen 2008 ihren Gegner Barack Obama haushoch besiegte, da bekannte sie frei heraus: „It’s almost heaven!“

Johannes Leifeld