As time goes by – Glanzlichter und andere Gelegenheiten
Was hat ein Kaktus – abgesehen einmal von seinem Maskottchencharakter – mit einem festlichen Tag zu tun? Eignen sich dafür nicht viel besser „Rosen, Tulpen und Narzissen“ wie damals im allerersten Konzert 2011?
Der Kaktus, eher eine etwas absonderliche Pflanze, deren Blätter zu Dornen, Borsten oder Haaren verkümmert sind, ist ein fast immer blassgrünes und tatsächlich wenig auffälliges Gewächs, aber wenn er blüht, entfaltet er eine unerwartete Schönheit und Pracht, die den Blumenfreund in seinen Bann zieht…
Also, auch der „Grüne Kaktus“, von Anfang an unser Intro, vermag bei aller Bescheidenheit so etwas wie das kleine und genügsame Fest zu ermöglichen und niemals trägt sein Kopf soviele Stacheln, als dass er nicht noch Platz für eine Blüte, für ein Glanzlicht bereithielte.
Zu den Glanzlichtern im Leben gehört auf jeden Fall die Klimax von Liebe und Beziehung: Freundschaft, himmelhoch jauchzendes wie stilles Glück, gegenseitiges Grün–Sein, Entgegenglühen und -zittern, also auch ein Zagen und Zweifeln, wie z. B. in „Something stupid“ aus dem Jahr 1967. Damals sangen diesen Song im Duett Frank Sinatra und Tochter Nancy, die mit ihrer weiblichen Unterstimme dem Part ihres Vaters einen unwiderstehlichen Charme hinzuzufügen wusste.
Die Konzentration der Gedanken, die „stets bei dir“ sind, auf den geliebten Menschen ist kaum deutlicher zu spüren als in der Brahmsvertonung von „All mein Gedanken“ aus den spätmittelalterlichen Lochamer Liedern. Johannes Brahms wie Reinhard Mey gehören mittlerweile zu unserem festen Repertoire.
Bei erster Kontaktaufnahme ist heutzutage vielleicht ein „Du“ die Gepflogenheit. Vor 90 Jahren mögen die Konventionen noch andere gewesen sein, denn in dem eingängigen Lied „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“ heißt es im Stadium erster Sympathiebekundungen: „Noch verknüpft uns nur Sympathie, noch sagen wir ‚Sie’ und küssten uns nie.“ Da geht es also zunächst um den Gruß und der Kuss ist allenfalls Gedanke, weniger Thema. Anders dann in dem Lied „So ein Kuss kommt von allein“, worin einige Verhaltensmuster augenzwinkernd angeboten werden. Unser Arrangement unterscheidet sich insofern von dem der Comedian Harmonists, als die gleichmäßig schreitende Bassstimme den synkopisch gesetzten Oberstimmen zuwiderläuft, um damit einen weiteren, spannungsreichen Akzent zu setzen, ohne dabei die ursprüngliche Beschwingtheit zu verlieren.
Alles Glück kumuliert schließlich in der pointierten, superlativen Gewissheit „Heut’ ist der schönste Tag in meinem Leben“. Da ist wohl keine Steigerung mehr möglich! Schmettern ließ sich ebenso das turbulente „Get me to the church at time” aus dem Musical „My fair Lady” (1964). Dort geht es um Hochzeitsvorbereitungen und darum, nicht nur recht zeitig, sondern überhaupt rechtzeitig in der Kirche zu sein.
Kaum jemand anders hat das Hochgefühl des Verliebtseins inniger und herzzerreißender gesungen als Elvis Presley in dem walzerähnlichen „But I can’t help, falling in love with you“.
Zu den Festlichkeiten und Glanzlichtern gehört auch das Essen und Trinken und natürlich als klassische Ausdrucksform der Freude der Tanz. Beschwingt geht es im zweiten Teil mit „Tanzen möcht’ ich“ aus der Operette „Die Csárdásfürstin“ weiter. Mit italienischem „Chianti–Wein“ korrespondiert Udo Jürgens’ „Griechischer Wein“ und, was das Essen – in pervertierter Konsumierung und dennoch ironisch – betrifft: „Aber bitte mit Sahne“ oder R. Meys köstliche „Heiße Schlacht am kalten Buffet“.
Reflexionsmomente spiegeln sich zum Beispiel in „Ein bisschen Leichtsinn kann nicht schaden“ wider, das die Comedian Harmonists, als die Marsch–Schritte und Stiefel–Tritte der braunen Machthaber schon deutlich zu hören waren, noch 1934 zum Besten gaben, kurz bevor die Gruppe durch die Reichsmusikkammer zur Auflösung gezwungen wurde.
Zum Fest gehört selbstverständlich die Freude, und Geschenke fördern diese Freude, wenn sie nicht gerade zur Schadenfreude mutiert. Die komische Situation bei der Geschenkübergabe der Trumps bei den Obamas nahm Franz–Josef Hanneken zum Anlass, einen kleinen Sketch zu schreiben, den Claudius Reinke, Antonius Kuiter und Falk Schönefeld (Besucher) zusammen mit Franz–Josef Hanneken (Besuchter) ideenreich und witzig in Szene gesetzt haben, gesungen von Johannes Leifeld, am Flügel begleitet von Benno Hüer.
Glanzlichter vermögen keinen Dauerzustand zu garantieren. In „So schön wie heut’, so müsst’ es bleiben“ lässt der Konjunktiv bereits die Unerfüllbarkeit dieses Anliegens erwarten. Auch das Schöne füllt nur eine mehr oder weniger umfangreiche Zeitspanne, schreitet voran und vorüber, wie es bereits im Programmtitel nach dem bekannten „Casablanca-Hit“ formuliert ist: „As time goes by“.
Dieses Konzert fand aus Gründen der Renovierungsmaßnahmen am Gymnasium in der Handruper Sporthalle statt: eine ungewöhnliche Kulisse für die Sänger wie eine echte Herausforderung für unseren Techniker Matthias Escher. Die Akustik war trotz dieser Widrigkeiten wieder exzellent und 350 Zuhörer dankten am Ende für die Darbietung mit lang anhaltendem Applaus. Ihre Spenden gingen an die Palliativstation im Thuiner Krankenhaus.
Johannes Leifeld
Text: Franz–Josef Hanneken
Musik: Benno Hüer
Refrain:
Ja, das Schenken, ja, das Schenken,
ist mit Sorgfalt zu bedenken.
Es geziemt sich wohl beizeiten,
etwas Schönes zu bereiten,
Nennen wir es Gastgeschenk.
Bitte: Möglichst kein Getränk!
Geht’s dann los, geb‘man sich heiter,
geh‘ bei Hindernissen weiter,
sei es Pfütze und Morast:
fröhlich durch, ganz ohne Hast!
Wichtig auch auf alle Fälle
ist es, vor des Hauses Schwelle
fröhlich und entspannt zu sein,
wenn der Ruf ertönt: Herein!
Kommt er nicht in größter Schnelle,
drücke kräftig man die Schelle,
bis er an der Tür erscheint,
wo man’s gleich gut mit ihm meint.
Sieht er drein, als hätt er Fragen,
hilft ein wenig Schulterschlagen.
Gibt er sich noch keinen Ruck,
hilft der ein od‘ andre Schluck.
Lautes Rufen oder Lachen
kann den Freund gefügig machen,
weil er – fast schon in der Nacht –
auf die Ruhe ist bedacht.
Also wird er sich besinnen,
bittet dann sogar nach drinnen,
und ergibt sich ins Geschick,
weist die Flasche nicht zurück,
sorgt vielmehr für die Getränke.
Nun ist’s Zeit für die Geschenke!
Denn man hat mit Vorbedacht
ja doch etwas mitgebracht.
Ja, das Schenken, ja, das Schenken,
ist mit Sorgfalt zu bedenken.
Dann das Öffnen, Decouvrieren,
auf das Lösen aus Papieren,
auf den einzigen Moment,
wenn der das Geschenk erkennt,
Ach, was er bestimmt nie hatte,
ist doch diese Halskrawatte,
die um seinen dicken Hals
um zu tun ist jedenfalls.
Die Verblüffung ist zu nützen,
man lass ihn nicht lange schwitzen,
denn das war es ja noch nicht,
was nun drängt ins Lampenlicht.
Was verwöhnt auch die Ästhetik,
was entspricht gar der Genetik,
was ist rundum einwandfrei?
Nun – das ist das KONTERFEI!
Ja, das Schenken, ja, das Schenken,
ist mit Sorgfalt zu bedenken.
Zwar vom Donnerschlag getroffen,
wie betrunken, wie besoffen
mag der Freund dann eingesteh’n:
Ach, da bin ich selbst zu seh’n.
Doch die Gäste müssen drängen,
es sogleich auch aufzuhängen,
IHN zu hängen – alle Zeit!
Und auch noch in Ewigkeit.
Sei auch blümerant die Stirne,
mag’s rumoren im Gehirne,
mag auch fehlen jedes Wort.
Man fahr’ fröhlich weiter fort:
Und man hänge froh den Schinken
An die Wand; man könnte trinken,
proste dem Beschenkten zu.
Dies gescheh in aller Ruh‘.
Denn zugleich ist zu begießen,
dass der Rührung Tränen fließen,
dass das Bild getroffen hat,
Dass die Sache ließ so glatt.
Ja, das Schenken, ja, das Schenken,
ist mit Sorgfalt zu bedenken.
Hier nun muss man mitbedenken,
dass bei solchen Gastgeschenken
mancher vielleicht taumeln wird,
hilfslos wirkt, vielleicht verwirrt.
Wenn er nah der Ohnmacht wandelt,
ist ein Freund, wer mutig handelt.
Dieses muss beherzt gescheh’n,
Man muss konsequent vorgeh’n.
Puls gefühlt und Bein gebogen,
Herz gehört und Arm gezogen,
Bauch entblößt und Brust geklopft
Und die Nase zugestopft.
Wieder Puls gefühlt und Fieber,
ist es dann noch nicht vorüber,
hilft sehr oft ein kräft’ger Schluck:
Durch den Körper geht ein Ruck.
Ja, das Schenken, ja, das Schenken,
ist mit Sorgfalt zu bedenken.
Glücklich wenden sich die Gäste
(greifen schnell sich noch die Reste),
im Gefühl der guten Tat,
die sich hier ereignet hat.
Der Beschenkte unterdessen
wird die Gabe nie vergessen
und die Geber – nur soviel:
Er hat unser Mitgefühl.
Ja, das Schenken, ja, das Schenken,
ist mit Sorgfalt zu bedenken.