Kaktus, Krimi und Romantik – Fernweh und andere Gefahren

Wie schon der Titel vermuten lässt, war dieses Benefizkonzert zur Unterstützung des Lingener Hospizvereins kein eigentlich neues Programm, sondern ein compositum mixtum aus den drei vergangenen. Dazu wagten wir uns erstmalig gewissermaßen vom Land in die Stadt.

Inzwischen ist der „Kaktus“ als Intro unserer Konzerte obligatorisch, in Lingen gefolgt von weiteren bekannten Liedern der Comedian Harmonists wie „Wochenend und Sonnenschein“ und „Ich wollt’, ich wär ein Huhn“ etc. Mit einem Auszug aus Spoerls „Die Feuerzangenbowle“ erinnerten wir an besondere Rolle Lingens im Emsland während der Industrialisierung im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert (u. a. Eisenbahn-ausbesserungswerk) mit jenem Part des rheinischen Professors Bömmel: „Also wat is en Dampfmaschin? Da stelle mehr uns janz dumm….“. Von der verklärten Schulromantik  -womöglich aus „guten alten Zeiten“ – führte der Weg zur Romantik über die skurille „Diplomatenjagd“ Reinhard Meys und das ausgelassene „Jagdquodlibet“ in Feld und Flur. Und weil in jenem Sommer der Fußball (WM 2014) eine ganz besondere Rolle spielte, gehörte auch der „Theodor im Fußballtor“ zu unserem Programm, zumal sich die Stadt dem berühmten Künstler Theo Lingen immer noch in besonderer Weise verpflichtet fühlt. Nach den Helden, sei es nun der Theodor oder der Kaktusliebhaber oder der mehr oder weniger kühne Jäger, ging’s im zweiten Teil von romantischen in gefährlichere Gefilde („Was macht der Herr da?“, „Kriminaltango“, „Überzieher“, der schöne Schlager von der Mimi, die sich so treffend auf „Krimi“ reimt und weder Goethe noch Schiller aus dem Bücherschrank herausholt, sondern einen „superharten Thriller“).

Mit „Fernweh und anderen Gefahren“ wurde das Reisemotiv wieder aufgegriffen und auf Italien fokussiert – die Italiensehnsucht der Deutschen ist ja sprichwörtlich! Und Capri! Aber auch hier ist der Himmel nicht immer gleichermaßen schön. So kann aus der bleichen Sichel, die vom Himmel blinkt, auch ein Mond werden, der sein Licht verbirgt; ein Unwetter dafür sorgen, dass das Funkeln der Sterne nicht mehr zu sehen ist, die sich doch sonst den Schiffern gern als nächtliche Orientierungshilfe am Firmament zeigen. Heinz Erhardt hat diese Naturstimmungen in „Das Gewitter“ ausführlich und humorig wunderbar eingefangen. Mit „As time goes by“ aus „Casablanca“, worin alles enthalten ist: Sehnsucht, Wehmut, wohl auch Wermut, Krimi und Gefahr und sehr viel Romantik, nur vielleicht kein Kaktus, aber sicher dessen Metaphorik, endete dieser Abend und ganz am Schluss erklang „Ein Freund, ein guter Freund“, weil gerade das Verbindende zum Anlass des Benefizkonzertes passte und es dort doch um Freundschaft geht, um Aufmerksamkeit, um helfende Behutsamkeit, um Achtung und darum, gemeinsam unterwegs zu sein. Ein wunderbarer Abend für über 200 Gäste, technisch wieder gemeistert von Matthias Escher.

Johannes Leifeld